In die BVV-Sitzung am 19. Januar 2012 brachte die SPD-Fraktion folgenden Antrag ein:
Die BVV wolle beschließen:
In Karlshorst soll in geeigneter Weise dauerhaft an den in diesem Lichtenberger Ortsteil geborenen bedeutenden Publizisten Joachim Fest (1926-2006) erinnert werden.
Begründung:
Joachim Fest wurde am 8. Dezember 1926 in Karlshorst geboren und wuchs in der Hentigstraße 13 auf. Prägend für ihn war die aus katholisch-konservativer Grundhaltung erwachsene anti-nationalsozialistische Gesinnung seines Vaters. Dieser war Rektor der damaligen 20. Grundschule, bis gegen ihn 1933 ein striktes Berufsverbot verhängt wurde. Angebote, wieder in den Schuldienst aufgenommen zu werden, wenn er der NSDAP beiträte, schlug er aus.
Zu Fests großem Lebensthema wurde die schonungslose Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus. Berühmt wurde er durch seine Hitlerbiographie von 1973. Sie wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und mehrfach mit Preisen bedacht. Auf ihrer Grundlage entstand der dokumentarische Kinofilm „Hitler – Eine Karriere“, der auf er Berlinale 1977 uraufgeführt wurde und großes Aufsehen auslöste. Jahre später schilderte er unter dem Titel „Der Untergang“ Adolf Hitlers letzte Tage, was die Vorlage für Bernd Eichingers weltberühmten Film gleichen Namens von 2004 lieferte.
Als Chefredakteur des Norddeutschen Rundfunks und Leiter von dessen Hauptabteilung Zeitgeschehen verantwortete Fest von 1968-1972 das zeitkritische politische, häufig von rechts angefeindete und diffamierte Magazin „Panorama“. Danach war er Herausgeber, politischer Redakteur und Feuilleton-chef der FAZ, als der er den die Bundesrepublik erregenden so genannten Historikerstreit anstieß, in dem kontrovers über die Einzigartigkeit des Holocaust und dessen Bedeutung für die Identität der Deutschen diskutiert wurde.
Kurz nach seinem Tod erschien noch 2006 sein Buch „Ich nicht – Erinnerungen an eine Kindheit und Jugend“. In ihm beschreibt Fest seine Karlshorster Kindheit und Jugend unter dem NS-Regime.
Fest gehört zu den großen deutschen Publizisten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Er hat großen Anteil daran, dass sich die Bundesrepublik der schmachvollen Vergangenheit Deutschlands gestellt hat.
Die Dringlichkeit ergibt sich daraus, dass die Fraktionssitzung erst am 9. Januar 2012 stattfand.